Bin ich dann tot?

Mein Kind überraschte mich bereits im letzten Jahr mit einer Frage.
„Mama, kann ich dich was fragen?“-„Ja.“-„Wenn mein neues Herz kommt…wenn die dann meins rausnehmen und das Berlin Heart auch raus ist und die dann das Neue reinlegen… bin ich dann dazwischen tot?“
Wow. Da kommt diese Frage, ganz sachlich und interessiert auf mich zu und packt mich eiskalt. Ich brauche Zeit. Es rattert, bleib cool, locker, zeig keine Angst…
Ich antworte:“Das ist eine gute Frage, lass uns mal überlegen. Wenn du schläfst und dein Herz raus genommen wird, bist du an einer Herz-Lungen-Maschine angeschlossen, die pumpt dann für dich. So wie es jetzt auch das Berlin Heart macht. Also bist du nicht tot.“ Eine Schwester kommt uns gerade entgegen und mir gerade recht.
„Lass uns mal zur Sicherheit die Schwester fragen.“
Ich fasse zusammen und wiederhole das Gesagte, Wort für Wort. Augenkontakt, ein wissender Blick,ein kaum merkbares Nicken. Sie bestätigt meine Ausführungen, ist noch detaillierter dabei.
Gut. Das war’s. Thema durch.
Für wenige Minuten.
Mein Kind bleibt abrupt stehen, schaut mich angeekelt an und sagt:“Holen die das dann mit ihren Händen da raus?“
Wir blicken Beide auf die Brust meines Kindes.
– „Ja, klar. Aber die haben Handschuhe an.“ Mein Kind nickt.
„Das ist aber ein ganz schön ekliger Beruf!“
Wohl wahr.
Mittlerweile denke ich jedoch, dass Herzchirurgie kein Beruf ist, sondern das diese Menschen dafür berufen sein müssen.
Kinder sind schon toll.
Für mein Kind ist die Sache klar, mir schwirrt der Kopf.
Die schlimmste Vorstellung für mein Kind nach der Transplantation ist im Übrigen, das es auf der Intensivstation keine Toiletten auf dem Zimmer gibt. Denn auf keinen Fall wird es in diese Schüssel machen, noch auf den Toilettenstuhl gehen!!!
Halleluja. Meine Sorge neben tausend anderen ist, ob es überhaupt danach mal Stuhlgang haben wird. Das hat im letzten Jahr nämlich ewige Zeiten gar nicht funktioniert. Gefühlte hunderte Einläufe, Schwenkeinläufe und noch mehr Scheiß war notwendig, damit die von den entwässernden Medikamenten inzwischen harten Steine im Bauch sich endlich bewegten. (Um den künstlichen Darmausgang sind wir glücklicherweise noch drumherum gekommen.)

Ich bin gespannt, was mich mein Kind als nächstes fragen wird…