Quality time

Oft denke ich an mein Kind, das zu Hause mit meinem Partner lebt.
Über ein Jahr lang sehen wir uns jetzt nur am Wochenende, in den Ferien.
Wenn mein großes Kind krank wird oder auf Geburtstage eingeladen wird, sehen wir uns alle zwei Wochen.
Wir vermissen uns.
Meine Kinder vermissen sich, telefonieren, malen sich Bilder.
Kaum 5 Minuten zusammen, schreien sie rum, sind bockig und beleidigt.
Beide sind eifersüchtig.
Am Wochenende wird das nachgeholt, was unter der Woche nicht möglich war.
Geschwister eben.
Ich habe oft keine Kraft, pädagogisch wertvoll zu reagieren.
Ich schreie auch.
Sage Dinge, die bescheuert sind.
Manchmal braucht es ewig, bis wir die Kurve kriegen.
Die Tage sind anstrengend.
Für mich.
Für alle.
Irgendwann ist das Wochenende um und ich mache innerlich drei Kreuze.

Es gibt aber auch andere Wochenenden.
Zum Glück.
Ich weiß, dass mein Kind zu Hause seine Mama braucht.
Auch mal für sich.
Ganz allein.
Quality time.
Freitags schlafen wir zusammen in meinem Bett, samstags früh gehen wir in die Massagebude.
Es ist ein wahres Glück, dass wir das Beide lieben.
Manchmal gönnen wir es uns, Frühstücken zu gehen.
Oft gehen wir schwimmen.
Und natürlich kuscheln und quatschen wir viel.
Ich merke, dass ich viel verpasse.
Im letzten Jahr stand der Wechsel zur weiterführenden Schule an.
Mit dem Bus zur Schule fahren, neue Klasse, neue Freunde, neue Fächer….
Groß ist mein großes Kind geworden, selbständiger.
Groß…10 Jahre jung….noch gar nicht groß.
Mit 10 ist man auch noch ein Kind.
Ich vergesse das manchmal.
Wenn wir ganz alleine sind, gibt es Momente, da weint mein Kind bitterlich. Sagt, wie sehr es mich vermisst.
Dass es sich oft alleine fühlt, Angst hat und wie schön es wäre, wenn wir alle wieder zu Hause wären.
Auch wir machen Pläne, was wir Alles machen, wenn die Familie wieder zusammen, Zuhause, ist.
Es sind auch die kleinen Sachen, die mein großes Kind wünscht.
Lego bauen, zusammen lesen, auf der Couch liegen, Fahrrad fahren….

Es zerreißt mir das Herz.
Es kostet mich viel Kraft.
Was wird das Alles hier mit uns machen?

Mein Kind im Krankenhaus sollte als Hausaufgabe aufschreiben wie es wohnt.
„Ich weiß fast gar nicht mehr, wie mein Zimmer zu Hause aussieht. Und hier im Krankenhaus lebe ich doch nicht. Das ist nicht mein Zuhause.“
Das sagt mein Kind zu mir und weint. Voller Sehnsucht uns Schmerz.
Wir machen die Hausaufgabe nicht.

Am gleichen Tag hat mein Kind die Idee, einen Videoanruf zu machen.
So kann es unser Zuhause sehen, alle Zimmer und die Großen Zuhause können im Gegenzug uns sehen.
Tolle Idee.
Hätten wir auch früher drauf kommen können.
Gesagt.
Getan.
Auf dem einen Display quetschen sich mein großes Kind und mein Partner zusammen, hier im Krankenhaus quetschen wir uns vor die Kamera.
Es ist großartig.
Wir sind zusammen.
Irgendwie.
Ein schöner Moment.
Für mich.
Für alle.
Das machen wir jetzt öfter.