Wieder auf die Fresse

Mein Partner geht vor.
Ich bin im Elternhaus.
Will ein Behördentelefonat erledigen.
Komme aus der Dusche.
Es klopft wie wild an der Terrassentür.
Mein Partner.
„Luca wird reanimiert. Schnell.“
Ich erwische eine Jacke.
Eine Hose.
Los.
Wir parken da, wo wir abgeschleppt werden könnten.
Scheißegal.
Der Psychologe ist da.
Die Kontaktschwedter ist da.
Der Professor ist da.

Rückblick.
Gegen halb acht ruft mein Kind nach einer Schwester.
„Mir ist übel.“
Dann wird mein Kind auch schon ohnmächtig.
Von jetzt auf gleich.
Zack.
Es geht abwärts.
10 Sekunden später sind alle da.
Eine Stunde Reanimation.
Herz Lungen Maschine.
Eine Blutung scheint die Ursache.
Warten.
Der Zustand ist mehr als kritisch.

Das Personal ist bemüht die Fassung zu wahren.
Alle nehmen mich in den Arm.
Alle weinen mit mir.
Mit uns.
Warten.
Ich war 16 Monate bei meinem Kind.
Ich will da sein.
Muss sehen, was vor sich geht.
Alles passiert in dem Zimmer auf der Intensivstation.
Ich darf zur Tür.
Sehe nur grün.
Tische.
Schläuche.
Die riesige Maschine.
Schicke meinem Kind einen Luftkuss.
Warten.
Wieder voll auf die Fresse, denke ich.
Was soll das?
Das ist nicht fair.
Wir werden umsorgt.
Versorgt.
Mein Glätteisen ist noch an.
Der Psychologe ruft im Elternhaus an.
Warten.
Die Fenster sind noch offen.
Auch das wird geregelt.
Wir bekommen Kaffee.
Irgenwann warten wir auf der Kinderstation.
Oben.
Das Personal ist wahnsinnig lieb.
Fühlen mit.
Weinen mit.
Es ist unglaublich.
Schön.
Tut mir gut.
Warten.
Zwischendurch erhalten wir einen Zwischenstand.
Warten.
Nach 8 Stunden wissen wir, dass die OP vorbei ist.
Zwei weitere Stunden später dürfen wir ins Zimmer.
Es sieht aus wie auf einem Schlachtfeld.
Mein Kind wie Klitschko nach 12 Runden.
Mein Kind will Leben.
Mein Kind kämpft.
Wir bleiben stark.
Sterben ist keine Option.
Wir haben noch zu viele Pläne.