Strohhälmchen

Die Nacht ist schnell vorbei.
Ich habe unruhig geschlafen.
Heute wird das CT gemacht.
Wir sind früh im Krankenhaus.
Die Nacht war stabil.
Eigentlich müsste ich es besser wissen.
Und dennoch verhalte ich mich gleich.
Checken der Gesichter des Personals.
Checken der Anzeigen auf den Perfusoren und dem Monitor.
Dann begrüße ich mein Kind.
Ich weiß, dass mein Kind in den besten Händen ist.
Wenn es Komplikationen gegeben hätte, hätte man mich verständigt.
Ich kann also einfach zu meinem Kind gehen und es begrüßen.
Und doch checke ich immer wieder auf’s Neue zuerst alle Gesichter und Werte.
Die Werte sind stabil.
Das CT fällt gut aus.
Ich bin so erleichtert, dass ich vor Glück weine.
Die Funktionsoberärztin drückt meine Hand und nickt mir verständnisvoll zu.
„Ich hatte solche Angst,“ sage ich.
„Ich weiß,“ sagt sie.
Alle sind erleichtet.
Der Professor sagt, dass das Ergebnis das bestmögliche Ergebnis sei, das man hätte erwarten können.
Natürlich sagt es noch nichts darüber aus, wie mein Kind sein wird, wenn es irgendwann wach wird.
Noch wird es sediert.
Die Organe müssen sich auch noch erholen und in Gang kommen.
Auch hier sind alle Varianten offen.
Das weiß ich.
Wir sind damit nicht über den Berg.
Noch lange nicht.
Aber kleine Schritte gehen in die richtige Richtung.
Jedes Strohhälmchen wird irgendwann ein Halm.
Daran halte ich mich fest.
Und es gibt die Chance, heile anzukommen.
Irgendwann.
Zu Hause.