Schmetterlinge

Heute ist der Tag davor.
Morgen wird die Dialyse beendet.
Wir wünschen uns, mit der Familie bei unserem Kind zu sein.
Vorher.
Zusammen mit der Pfarrerin werden wir singen.
Singen mag mein Kind.
Wir werden meinem Kind sagen können, was wir Schönes zusammen erlebt haben.
Was für uns besonders ist.
Was wir meinem Kind mit auf die Reise geben.
Kein Abschied.
Verabschieden werden wir uns am Meer.
Die Pfarrerin hat uns eine Lichterkette geschenkt.
Mit riesigen Schmetterlingen.
Die Kette hängt quer über dem Bett.
Scheiß auf die Haustechnik.
Die Kette ist nicht geprüft.
Rausschmeissen können Sie uns nicht.
Werden Sie wohl auch nicht.
Bald treten wir sowieso die letzte Reise an.
Es ist ruhig in unserem Zimmer auf der Intensivstation.
Eine angenehme Stille.
Keine, die Angst macht.
Seltsam.
Vielleicht liegt es daran, dass wir bereit sind loszulassen.
Die Traurigkeit ist groß.
Ich habe noch immer keine Angst vor dem Tod.
Schiss habe ich immer noch, vor dem Verlust danach.
Ich habe mein Kind die ganze Zeit begleitet.
Begleite es noch.
20 Monate.
Die intensivste Zeit in unserem Leben.
Ich liege neben meinem Kind.
Hand in Hand.
Die Schmetterlinge leuchten über uns.
Vielleicht unsere letzte, gemeinsame Nacht.
Vielleicht haben wir noch ein paar Nächte mehr.
Ich bin ruhig.
Und müde.
Es gibt gerade nur uns.