Schokoladenkuchen

Heute früh klingelt der Wecker. Ich bin todmüde. Nein. Ich bin unglaublich müde. Wörter werden so selbstverständlich benutzt und der eigentliche Sinn verschwindet. Ich nehme mir vor, mehr darauf zu achten. Ich liege im Bett und könnte gut einfach liegen bleiben. Es ist warm und gemütlich. Meine Jungs sind krank, sie kommen dieses Wochenende nicht.

Ich schäle mich aus dem Bett. Ein Blick in den Spiegel – auch das muss besser werden. Man sieht mir die Zeit an. Ich sehe kaputt und müde aus, Augenringe, blasse Haut. Egal. Es gibt Wichtigeres. Und: Schminke hilft. Bronzepuder und Lippenstift aufgelegt, geht schon besser. Ich habe gestern um 22 Uhr kleine Schokoladenkuchen gebacken, hat sich mein Kind gewünscht. Zum Glück gibt es Dr. Oetker. Mit Gelinggarantie. Das Kochen und Backen übernimmt bei uns normalerweise mein Partner, dann schmeckt es. Für alle Anderen und mich gibt es Backmischungen und Fixprodukte.
Auf dem Weg zum Krankenhaus fahre ich bei der Post vorbei, ein Paket abschicken. Ein Trauerpaket, zum Abschied. Mittwoch wird die Beerdigung sein. Eltern werden ihr Kind zu Grabe tragen. Noch immer unfassbar. Mittwoch habe ich Geburtstag.

Mein Kind schläft noch, als ich im Krankenhaus ankomme. Dafür beeile ich mich, denke ich. So ein Quatsch, denke ich dann. Ich habe Glück, dass ich zu meinem Kind fahren kann, es lebt.
Es stürzt sich Augenblicke später auf die kleinen Kuchen, schaut mich an, sagt:“Ich hab dich lieb.“ Mein Herz schmilzt. „Und ich dich erst“, sage ich.

Die Waage sagt, dass das Gewicht meines Kindes weniger wird, das Wasser schwindet weiter.
Heute gehen wir zum ersten Mal in diesem Jahr vor die Tür, an die frische Luft.

Inzwischen habe ich meinen ersten Kaffee genossen. Der Tag kann jetzt kommen.